Achtung, der folgende Text ist etwas anders als die meisten auf diesem Blog, er ist nicht unbedingt für alle Altersgruppen und nur mit starken Nerven gedacht.
Oder für die, die etwas von der raueren Seite einer amerikanischen Großstadt hören wollen.
Wir starten nun gleich nach unserer Busfahrt von Bellevue nach Seattle und machen uns nach unserer Ankunft im Airbnb auf.
Bitte nicht zuhause nachmachen!



In der nächsten Straße nach rechts finden wir unsere Unterkunft. Da dort einige Obdachlose in einem Eingang lagen, machte ich keine Bilder. Neben der Unterkunft lag ein komplett beschädigtes Auto, ein Totalausfall, welchen ich mich nicht zu fotografieren traute.
Nicht jede Stadt ist so sicher wie Weimar. Schön wäre es.
Nicht jede Stadt ist so sicher wie Sendai oder Tokio, das wäre ja noch besser.
Bevor ich nach Seattle kam, habe ich mich auch darauf gefreut endlich meinen Bruder zu sehen, und ich wusste, und weiß, dass das wohl die beste Entscheidung war die ich bisher getroffen habe.
Nicht (nur) wegen der Konferenz, nein, auch durch den heutigen Vorfall.
Mit den wichtigsten Gegenständen im Rucksack und in der Jackentasche, ich mit dem Handy, mein Bruder mit Handy und Kamera bewaffnet, gingen wir nun Richtung Downtown.
Ich habe ihm vorher gesagt, dass er nicht einfach stehen bleiben soll um Bilder zu machen, ungünstiger weise dauert das mit der Kamera auch ein wenig länger. Auch das er sich nicht wie ein Tourist verhalten soll.
In vielen zivilisierten Ländern unserer Welt wäre dies kein Problem, und ja, ich bin definitiv von Japan absolut verwöhnt worden was die Sicherheit angeht.





Aber auch hier auf den Straßen sieht man sofort, das etwas nicht stimmt. Die meisten die man so am Straßenrand verwirrt und orientierungslos umherschwirren sieht, sehen auch genau so aus, wie man sie sich vorstellen würde.
Ich muss sie also nicht näher beschreiben, wer schon einmal am Frankfurter Hauptbahnhof war, hat vielleicht eine klitzekleine Probe gesehen.

Wir holten uns nun also etwas zu essen, der McDonalds liegt direkt auf dem Weg an einer Hauptstraße, das, würde man meinen wäre sicherer.
Am Eingang schon aber sieht man, dass man vorsichtig sein muss, dieser ist fast schon verbarrikadiert, ein Eintreten ist unmöglich, nur bestellen kann man.
Um die Bestellung einfach zu machen, holen wir uns zwei mal das Gleiche, mein Bruder Zahlt mit seiner Karte.
Nicht sonderlich vertrauenserweckend wirkt allerdings die Umgebung, besondere Betonung auch auf den Bewohnern. Diese wirken misstrauisch, fast wie ein Tier im Käfig, es ist ungewiss, ob sie gleich anfangen rumzuschreien oder schlimmeres…

Nachdem wir die Bestellung entgegennahmen liefen wir diese Hauptstraße weiter nach unten und hofften einen Sitzplatz zu finden.
Mein Bruder stoppte um ein Foto auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu machen. Vielleicht von einem Haus, vielleicht von der Gasse, ich weiß es nicht, aber es ist mir auch egal.
Beim weitergehen wurden wir direkt laut von einem Asozialen im gelben Hoodie angesprochen, man solle doch keine Fotos von den Leuten hier machen.
Mein Fehler war, das ich mich umgedreht habe, dadurch das ich ihm Aufmerksamkeit schenkte, wurde er noch lauter und aggressiver.
Diese Situation nutze ein weiterer im Blauen und grauen Hoodie aus und hielt mit seiner Rechten das Kamerahalsband auf mittlerer Höhe fest, glücklicher weise trug mein Bruder sie um den Hals.
Nachdem sie ihn aufforderten ihnen die Kamera zu geben, verhandelte mein Bruder zuerst mit ihnen ihnen diese zu geben nachdem er die sd Karte entfernt hat.
Der Blaugraue hielt in seiner linken, meinem Bruder zugewandten Hand, ein metalgraues Messer mit einer Klingenlänge von ca. 20-25cm.
Dazu machte er bedrohliche Stichbewegungen, dieser Spinner ist komplett unberechenbar.
Der andere im gelben wurde langsam leiser als mein Bruder ihnen zeigte wie er die Bilder, eines nach dem anderen, löschte, der blaugraue, allerdings ließ nicht locker.
Ich versuchte sie mit wiederholtem, ruhigen „relax“ „relax“ zu beruhigen, langsam in einem ruhigen Ton, und bat ihnen an ihnen Geld zu geben.
So stellte ich die zwei Colabecher von McBlöd auf den Boden und holte langsam meine Geldbörse raus.
Ja, das klingt echt blöd von mir, aber in meiner Jackentasche hatte ich kein Bargeld mehr.
Glücklicherweise waren sie allerdings noch mit dem Löschen der Bilder beschäftigt, und so konnte ich an meinen Euronen vorbei, eine Hand voll Dollar aus heraus ziehen.
Es waren vielleicht drei oder vier scheine, alle 20 Dollar oder weniger, mindestens ein Einer. Ich nahm das Geld und steckte sofort die Geldbörse ein, ein Glück, dass meine Ausweise und co. noch da sind.
Damit es wie mehr wirkte, rollte ich sie ein wenig verschoben zusammen, und sagte ihnen weiter, dass sie sich beruhigen sollen, ich hätte Geld.
Währenddessen ist irgendwann ein Dritter gekommen, ich hatte schon gehofft, dass er uns helfen würde, aber ich verstand nicht was er sagte.
Er nahm sich also zu meiner Verwunderung eine der beiden Colabecher und ging wieder.
Zum Glück ließen die beiden anderen „nach“ und einer nahm das Geld, welches ich ihm gut sichtbar entgegenhielt.
Mit leicht erhöhter Schrittgeschwindigkeit liefen wir in die entgegengesetzte Richtung weiter, ich mag mich womöglich ein Mal umgedreht haben, nach zehn Metern aber, erreichten wir die Ecke zu einer anderen, gut befahrenen Straße.
Hinter der Ecke bogen wir kurz ab, gingen aber sofort auf die andere Straßenseite, da genau in dem Moment hinter der Ecke die Straße für Fußgänger überquerbar wurde.
Kurz darauf, der unmittelbaren Gefahr entkommen, verschwand die Kamera sofort in den Rucksack, ich hoffe nicht, dass so etwas je wieder passiert.
Mit abgesenktem Kopf, ohne Pausen und ohne uns groß in der Umgebung umzuschauen, gingen wir weiter, bis wir an einer Art Aussichtsplatform neben einem Fischmarkt einen guten Sitzplatz fanden.
Wir waren nun gut einige hundert Meter von unserem Ausraubpunkt entfernt, man waren wir froh alles überstanden zu haben.
Das Essen war nicht gut, Hunger hatten wir keinen richtigen, wir aßen nicht alles auf.

Bei dieser Aussicht, natürlich mit regelmäßigen Blicken nach hinten, genossen wir unsere hart verteidigte Mahlzeit, oder das was davon übrig blieb.
In dem Moment in dem wir ausgeraubt wurden überlegte ich, die Cola in die Richtung unserer Angreifer zu kippen, das, so dachte ich, wäre aber wohl der größte Fehler, denn ich hätte machen können dachte ich mir eine Millisekunde später.
Sonnst hätte ich noch einen zusammengeklappten Regenschirm in meiner Jacke gehabt, dieser wäre aber nutzlos gewesen.
Da sie mit einer solchen Aggression und einer solchen Furchtlosigkeit ankamen waren sie extrem, extrem schlecht einschätzbar. Die Ausgangssituation, wie sie war, war schon nicht die Beste, hätten wir etwas anderes gemacht, wären wir nur schlechter weg gekommen.
Die Kamera wäre das eine, aber ich will mir nicht ausmalen, was passiert wäre, wäre meinem Bruder etwas passiert.

Immerhin sahen wir danach auch etwas sehr beruhigendes.
Wir liefen auch schnell am angeblich ältesten Starbucks in Seattle vorbei, allerdings gibt es das Original nicht mehr, und der „erste“ Starbucks ist nur ein späterer für die Touristen, wie wir später erfahren sollten.



Hier ein Bild von: https://www.realchangenews.org/news/2024/07/24/seattle-city-leaders-focus-drug-and-crime-hot-spots
Das X zeigt wo wir freundlich nach ein wenig Geld gefragt wurden. (2th-3rd Pine St.)
Keine Sorge, wir sind wieder heil in unserer Unterkunft angekommen! Während ich mich ein wenig mit Musik entspannt habe und diesen Text schrieb, hat mein Bruder sich ein wenig zur Sicherheitslage in Seattle und vor allem Downtown informiert.
Seattle soll mit zu den sichersten Städten der USA gehören, was zwar erst einmal gut klingt, allerdings nicht wirklich aussagekräftig ist, wenn die Rate der tatsächlich erfassten Verbrechen recht gering ist, und diese dazu noch anders gewertet werden als man erwarten würde.
So ist das was wir heute erfuhren „NUR“ Harassement – Belästigung, aber nicht etwa „Raubüberfall“ oder Raub aus niederen Gründen oder so.
Welche Informationen gab es aber noch im Netz zu finden?
Laut einigen Redditnutzern soll Seattle nicht gefährlicher als andere große Städte sein, bei allen Städten in denen wir aber bisher waren, haben wir NIE auch nur ein Mal ähnliche Erfahrungen machen müssen.
Nicht einmal ansatzweise!
Nun die Wichtigste, rückblickend vorherig notwendigste Erkenntnis allerdings, war eine Karte auf welcher die gefährlicheren Straßen der Stadt markiert waren.
Es gab zwar nur einige verstreute, an der Stelle, an der sich drei rot Markierte Straßenabschnitte kreuzten allerdings, hatten wir ja heute schon das Vergnügen gehabt laut Kriminalstatistik nur „Belästigt“ zu werden.
Aber es beruhigt mich ein wenig das wir an einer rot markierten Straße ausgeraubt wurden, denn das heißt nun für uns, das wir „nur“ jede auf dieser karte rot markierte Straße meiden müssen. Sicher wird der Bogen ein wenig weiter um diese Straße gehen müssen, nur um sicher zu sein.
Ich wünsche mir Japan zurück, immerhin ist mein Bruder hier nicht alleine, und ich ja zum Glück auch nicht.
Die Kreditkarte ist hier zum Bezahlen, das Geld zum ausgeraubt werden.
Nachwort:
Nun, ich hatte noch das ein oder andere Mal über unsere Begegnung der dritten Art nachgedacht und ich will nicht schreiben was ich am liebsten gemacht hätte.
Auch was die Menschen, die das Leben der Anderen weniger schätzen als eine Hand voll Dollar, verdient hätten will ich lieber nicht aufs Papier bringen.
Manchmal hat man ja Pech und was man sich Wünscht geschieht.
Stolz bin ich aber immer noch auf unsere großartige Teamarbeit. Mein Bruder lenkt sie ab, und ich hole schnell ein wenig Bargeld um schlimmeres zu verhindern. Dazu muss ich auch sagen, dass ich noch einiges mehr in der Brieftasche hatte, diese hielt ich aber so, dass man möglichst wenig davon sah.
Ich bin mir auch sicher, dass ein ähnlicher Vorfall, sollte er nicht vermieden werden können, einen ähnlich guten Ausgang haben wird.
Aber ich bin wirklich sehr froh, wie gut wir Seattle-Downtown überstanden haben.
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