Ja, auch ich habe das Gefühl, dass ich bisher ein wenig zu inflationär mit dem Begriff des Kulturshocks umgegangen bin.
Diesmal ist es aber ein mächtig gewaltiger.
Nebenbei hatte ich heute auch meine weiteste Zeitreise überhaupt, ungefähr Sieben Stunden reiste ich zurück, und so erreichte ich Seattle noch bevor ich Tokyo überhaupt verließ.
Wie das geht? Keine Ahnung, aber das Flugzeug hat laut wrrrrrrrr gemacht, vielleicht hat das etwas damit zu tun. Aber vielleicht hat das wrrrrrrrr das Flugzeug auch zum schweben gebracht?

Der Flug war erstaunlich Ereignislos, zumindest habe ich relativ viele Filme gesehen. Darunter auch „Die üblichen Verdächtigen“ oder auch „The Sixth Sense“ beim letzteren jedoch wurden kurz vor Ende die Monitore ausgestellt und es war an der Zeit „tief und fest“ zu schlafen.

Zuerst viel nach einem langen Flug auf, wie locker die Stadt besiedelt war und wie groß die Grundstücke, viele davon für Einfamilienhäuser ausfielen.
Das hätte es in Japan nicht gegeben!
Der Flughafen wirkte auch auf den ersten Blick sehr anständig und sauber, nachdem aber der passportcheck vollendet war, kam man in eine kleine Halle welche teils noch bebaut oder restauriert wurde?
Immerhin waren die Mitarbeiter freundlich, die Temperatur allerdings, hatte spürbar abgenommen und auch die Leute wirkten sehr anders als man es nun vielleicht aus Japan gewohnt war.
Ich suchte einige Zeit nach einer Möglichkeit meine Euronen in Dollonen umzutauschen, 200 Euronen verwandelten sich so in ca. 180 Dollonen. Ja, die Gebühr war schon nicht ohne.
Viel direkter, die formelle Höflichkeit wurde nun zu einer freundlicheren, persönlicheren Höflichkeit. Ganz daran gewöhnt habe ich mich allerdings nicht.
Interessanter weise allerdings, viel es mir fast schon ein wenig schwer mit meinem Koffer auf der rechten Seite zu laufen. Nicht weil das eine Rad ein wenig abbremst, obwohl es auch das tut und immer wegsteuert, nein, weil es sich in Japan so gehört.
Den beinahe Kollisionen in Schrittgeschwindigkeit ausweichend, bahnte ich mir den Weg nach draußen.
Huii, jetzt ist es aber kalt. Und alle tragen Hoodies oder Regenjacken. Auch die Gesichter wirken teils gefährlicher, ich schaue lieber nicht in die Augen, man weiß ja, in den USA ist es mit den Waffengesetzen ein wenig freier als in Deutschland oder Japan.
Außerdem ist das soziale Gefüge ein anderes, vielleicht hätte man auf einer unbeschrifteten Skala zuerst Japan, dann Deutschland, und nun schließlich die USA. Was allerdings an der Achse dran steht, ist eine Aufgabe für den Leser.

Man sieht, ich habe keine Bilder vom Außenbereich des Flughafens. Nun ich habe mich dort ganz einfach nicht sicher gefühlt Fotos zu machen. Die Menschen dunkel gekleidet, grimmige Gesichter, irgendwo am Flughafengebäude ein Schild mit „Safe space“ – Na, wenn man den Leuten das erst sagen muss, dann fühle ich mich gleich viel sicherer.

Mit Müh und Not erreichte ich noch meinen Bus (Ich hatte keine mobilen Daten, die e-Sim aus Japan war noch drin, und meine deutsche wollte ich nicht austauschen), ja, ich nahm den ÖPNV in den USA. Eine Ansammlung an Reisenden, „Normalos“, und etwas verloren wirkenden Gestalten betraten während der ca. 40 Minütigen Fahrt den Bus und verließen ihn zum Glück auch wieder.
Mann, ich war noch nie so froh, dass es eine Kameraüberwachung gibt und der Busfahrer offensichtlich weiß wie er die Fahrgäste zu handhaben hat.
Ob ich hier noch einmal mit dem Bus fahren will, werde ich mir ganz genau überlegen.
Auch wurde ich direkt von einem Angesprochen der zeitgleich sein mitgebrachtes Hühnchen im Bus „aß“, er meinte so viel wie „Die Amerikaner sind scheiße“ und „Die Europäer sind super“ oder „nett“, ja in recht gutem Deutsch sogar.
Da wünscht man sich fast schon wieder die höflichen Kommunikationsformen in Japan zurück, nein, nicht nur fast. Es macht ja eigentlich viel Spaß höflich zu sein, man merkt wohl immer erst zu spät was man hatte und wie es sonst so sein kann.

Trotzdem kam ich gut an meiner Unterkunft an, die Herbstblätter sind sehr faszinierend, was meine Sicherheitsbedenken angeht, hoffe ich, dass das alles mit der Ankunft meines Bruders in Ordnung kommen wird.

(Den oberen Text habe ich so direkt nach meiner Ankunft geschrieben)

Ich holte mir am Abend noch einen viel zu überteuerten Wrap nebenan, am nächsten Morgen gab es den traurigsten Chickenburger den ich in meinem Leben je gesehen habe. Nachdem ich mein Immunsystem wieder einmal kräftig herausgefordert hatte wartete ich in der Lobby, da ich nun nur einen Bus nehmen müsste um meinen Bruder zu treffen und in ein besseres Hotel zu gehen.

Ich erreichte die Unterkunft ohne Probleme, ich hatte mir alle nötigen Busrouten angeschaut. Es gab ja dieses Mal nur eine. Um die Fahrt zu bezahlen nutzte ich Bargeld welches ich in der vorherigen Unterkunft in Kleingeld tauschte. Dies ist nötig, da man kein Rückgeld vom Bus bekommt.

Man sieht, in der neuen Unterkunft gibt es nur die wichtigsten Zeitzonen.

Wir gönnten uns am ersten Abend wirklich leckere Burger, den Rest der Zeit nutzen wir um uns von unseren Erlebnissen zu erzählen. Ich hatte viel zu berichten, durch die Blogs allerdings konnte ich nur zusätzliche Infos und kleinere Geschichten erzählen. Es war wirklich eine große Freude sich am anderen Ende der Welt wieder zu treffen.